Schachendspiele 3 – Schwerfigurenendspiele

Schachendspiele 3 - Schwerfigurenendspiele

In der Serie der DVD-Vorstellungen ist nun mal was ganz anderes an der Reihe. Der bekannte deutsche Bundesligaspieler, Trainer und Autor GM Karsten Müller präsentiert in Kooperation mit Chessbase eine ganze Reihe von Schachendspielen. Wir steigen hier sofort bei den Schwergewichten ein, den Schwerfigurenendspielen, Teil 3 der Endspielserie. Wahrscheinlich ging es einem selber schon mal so, dass man in einem Damenendspiel einen Bauern mehr hatte, oder die verteidigende Partei war, und ohne Plan drauflos gespielt hat, dann aber einsehen musste, dass das wenig Sinn macht. Oder man sah Partien von Großmeistern und Endspielkünstlern und man hat absolut keine Ahnung was auf dem Brett passiert, und warum gerade diese Züge gemacht werden?! Karsten Müller beschreibt anhand weniger, aber essentieller Regeln wichtige Schwerfigurenendspiele und verbildlicht diese sehr schön mit „… sie werden euch wie Leuchttürme im chaotischen Meer vorkommen.“ Und prompt, so ist es! Aber genug geredet, los geht’s!

Aufbau

Bei dieser Endspielserie werden anhand von 61 Videos mit einer Gesamtspielzeit von zirka 7 Stunden (!) relevante Schwerfigurenendspiel-Szenarios bearbeitet. Die Herangehensweise von Müller ist sehr professionell, aber trotzdem kann man dem Inhalt gut folgen, obgleich gewisse Varianten für einen Menschen teilweise verwirrend wirken können. Müller verweist auch hier und da auf Varianten entnommen von der Endspiel-Tablebase, wo beispielsweise nur ein Zug gewinnt beziehungsweise das Remis sichert.

Inhalt

Auf dieser DVD werden Damenendspiele mit Dame gegen einen Bauern auf der 7. Reihe, wie auch Dame mit einem oder zwei Bauern gegen eine andere Dame behandelt. Weitere Themen sind Endspiele mit Turm gegen Leichtfiguren, Dame gegen einen Turm und im Anschluss gegen zwei Türme. Wesentlich ist hier vor allem die Grundkenntnisse im Bauernendspiel und, dass eine bloße Leichtfigur gegen einen Turm in der Regel Remis gehalten werden kann. Weiters wird auch das Thema Festung beschrieben, so zum Beispiel mit Turm und Bauer gegen Dame.

Nun zu den behandelten Themen im Einzelnen:

1) Dame gegen Bauer auf der 7. Reihe

Es dürfte mittlerweile jedem bekannt sein, dass ein Bauer auf der 7. Reihe bombenstark ist! Bei einem Endspiel Bauer gegen Dame kann es hier sogar Remis ausgehen, wenn der König, auf Seiten der Dame, außerhalb der „Gewinnzone“ ist. Betritt der angreifende König diese Zone, reicht dies zum Sieg.

Aber am besten sieht man es hier:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Gewinnzone für Weiß ist grün markiert. Weiß schafft es nicht mit seinem König diese Zone zu betreten und gleichzeitig die Umwandlung des schwarzen Bauern in eine Dame zu verhindern. Allerdings hält hier nur ein Zug Remis…Welcher?

Generell lässt sich zusammenfassen, dass, wenn die Dame des Angreifers nicht gerade schlecht steht, gewinnt dies immer, und bei dem a-, h-, c- und f-Bauern gibt es gewisse Ausnahmen, die hier beschrieben werden. Ein ganz wichtiger Hinweis sind die Pattmotive!

2) Dame gegen Dame

Diese Endspiele sind bis auf sehr wenige Ausnahmen Remis, wie wenn beispielsweise der passivere König abgesperrt am Brettrand steht, umgeben von seiner Lady. Dies dürfte jedoch für jeden Spieler logisch erscheinen.

3) Dame und Bauer gegen Dame

Hier sind wir schon mitten drin, statt nur dabei! Generell gesagt ist es Remis, wenn der verteidigende König vor den Bauern kommt, aber das ist nicht immer so einfach. Dies gilt für alle Bauern, unabhängig von der Linie. Es lässt sich hier hinzufügen, dass Rand- und Springerbauern eher höheres Remispotential bieten als Läufer- und Zentralbauern, da sich der angreifende König (mit dem Extra-Bauer) am Rand schlechter verstecken kann.

Eine ganz prinzipielle Methode ist hier, dass die Dame, egal ob Verteidiger oder Angreifer, möglichst gut, also zentral, stehen sollte! Oft kompensiert dies den Nachteil wie schlechte Königsstellung und dergleichen. Somit ist auch im Endspiel Zentralisierung ganz wichtig, was man sonst eigentlich im Mittelspiel den Schülern predigt!

Müller schlägt zwei Möglichkeiten vor, wie man sich als verteidigende Partei verhalten soll: mit dem König vor den Bauern des Gegners oder soweit wie möglich von dem Bauern weg zu kommen, sprich in die entfernteste Ecke. Dies beruht vor allem auf möglichen Schachgeboten. Auf der DVD sind hierzu tolle Beispiele beschrieben, wie dies optimal funktioniert hat! Allerdings, auch hier ist die Zentralisierung der Dame wichtig! Somit sollte der Angreifer den anderen König von beiden Plänen abhalten, indem er mit der Dame den König absperrt. Wie genau das geht, seht es selbst 😉 Aber natürlich gibt es auch hier Ausnahmen.

Vor allem im Studium dieser Endspieltechnik bietet sich das Arbeiten mit der Endspiel-Tablebase an!

Es gilt hier noch hinzuzufügen, dass es die „Remiszone“ bei diesem Endspiel nur bei den Bauern a, b, g, und h gibt! Bei allen anderen Bauern, sollte der Verteidiger das Umwandlungsfeld mit dem König besetzen oder zumindest recht nah sein, um Chancen auf ein Remis zu wahren.

Es werden unter anderem Begriffe erklärt wie die „Festung von Awerbach“, „Sternschach“, und „geschwächte Felderkomplexe“, und es werden auch Mattangriffe gezeigt. Müller betont, dass Damen in Kombination mit weit vorgerückten Freibauern besonders stark sind, da die Dame fast jede Blockade bricht!

Ein sehr interessantes Beispiel ist folgendes:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schwarz zog leider Kh7?? und verlor schnell, allerdings ist die Partie nach Kg8!, total Remis, es gibt keine erzwungene Gewinnfortsetzung für Weiß, trotz der zwei (sogar) verbundenen Mehrbauern. Weiß schafft es nie die Damen abzutauschen, oder seinen König vor den Schachgeboten zu schützen!

4) Turm gegen Leichtfigur

Die Partei mit dem Turm sollte in der Regel gegen einen Springer im bauernlosen Endspiel nicht gewinnen, sollte der Springer nicht vom König getrennt werden können. Wenn dies jedoch der Fall ist, so betont Müller häufig, wird die Dominanz des Turmes sichtbar! Hier werden auch Festungen mit Springer gezeigt, welche teilweise sehr interessant sind.

Bei Turm gegen Läufer, so dürfte man meinen, kennt jeder das Prinzip der falschen und richtigen Ecke. Welche ist nun welche? Wissen das alle? Wenn nicht, schnell lernen, das kann unter Umständen einen halben Punkt kosten! Wenn der verteidigende König in der sicheren Ecke steht, ist es für gewöhnlich Remis, außer man schläft ein wenig…

Was auch sehr interessant ist, dass das Endspiel Turm und Randbauer gegen einen Läufer bei Weitem nicht so trivial ist, wie man es sich vorstellt. Einfach nur den Bauern vorschieben und abwarten spielt sich da nicht! In diesem Zusammenhang werden auch diverse Festungen der verteidigenden Partei beschrieben, wie zum Beispiel diese:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schwarz schafft es einfach nicht vorzudringen! Der Läufer bleibt auf der langen Diagonale a8-h1 und falls Schwarz Tf3 spielt, folgt einfach Kg2! … aber wehe es nimmt jemand den Turm weg! Das wäre nach Kxf3 fatal und würde zum Verlust führen! Ohne Tablebase zeigen sogar Schachengines wie Rybka -1.8 an, aber praktisch ist diese Stellung nicht zu gewinnen!

Eine sehr interessante Festung ist auch diese:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der weiße König kann einfach nicht eindringen! Ein totaler Fehler wäre hier La7 oder Lb6! Hierdurch würde die Festung kaputt gehen und Weiß kann in ein gewonnenes Bauernendspiel abwickeln. Mit Lf2! haltet Schwarz die Festung zusammen! Remis!

5) Dame gegen Turm

Beim Kampf Dame gegen Turm, was durchaus vorkommen kann, ist das Schwierigste, den König an den Rand zu treiben. Müller teilt die Teilabschnitt ein in, Brechen der Verteidigung der 3. Reihe (das Schwierigste!), dann von der 2. Reihe und anschließend das Einnehmen der Philidorstellung mit Zugzwang.

Generell gesagt, wird hier viel mit Zugzwang gearbeitet, wodurch sich der Turm von dem König trennen muss.

Am Schluss sollte man die Philidorstellung erhalten, und zwar wichtig, mit Schwarz am Zuge:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein weiteres Thema von Müller ist die Verteidigung mit Turm gegen Dame wenn noch Bauern vorhanden sind. Hier ist es besonders wichtig, dass der Turm zwei „Ankerplätze“, also Stützpunkte hat. Ein Bauer auf g7 von Schwarz hat beispielsweise ein Stützpunkt auf f6 und h6, auf denen der Turm gedeckt ist. Oft ist hier ein Stützpunkt zu wenig, wie es Beispielsweise der Fall ist, wenn ein eigener Bauer diesen zweiten Stützpunkt einnimmt.

6) Dame gegen 2 Türme

Beim letzten Kapitel Dame gegen 2 Türme, vergleicht Müller Stellungen wo die Dame, oder dann die Türme vorteilhaft sind. Hier spielen die Bauernstruktur, die Koordination der Türme, die Königssicherheit, und das Vorhandensein einer Festung und Stützpunkte eine wichtige Rolle.

Die Partei mit den 2 Türmen hat den Vorteil, dass oft das Abwickeln in ein Bauernendspiel, mit einem Mehrbauern, möglich ist. Die Partei mit der Dame, besitzt dafür etwas mehr Mobilität und Chancen auf Dauerschach bzw. Mattangriffe, wenn noch weitere Figuren oder Bauern vorhanden sind.

So ist zum Beispiel im unteren Bild eine derartige Stellung abgebildet. Was soll Schwarz am Zug machen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Taxf4 oder Tfxf4? Beide Züge sind noch ein wenig verfrüht, da das entstehende Endspiel Remis endet. Ein Zug der eher angebracht ist, ist Tc4!? Man wartet ab, und lässt die Figuren des Verteidigers schlechter positioniert stehen und nimmt erst zum richtigen Zeitpunkt auf f4.

Fazit

Diese DVD wiederholt sehr gut wichtige Bauernendspiele, und ergänzt diese mit Schwerfiguren. Ich finde die von GM Karsten Müller bearbeiteten Themen etwas trocken, wenn man sie sich aus einem Buch oder dergleichen selbst herausarbeiten müsste, aber auf der DVD hat er die wichtigsten Regeln, Tipps und Prinzipien zusammengefasst. Teilweise entstehen zwar Endspiele wo man fast eine Endspiel-Tablebase benötigt um immer den besten Zug zu finden, aber wie sagt Herr Müller: „Erschreckend einfach“, „Leuchttürme“, das ist wohl wahr. Ich für meinen Teil werde mir die DVD noch ein paar Mal anschauen, da gewisse Sachen erst verinnerlicht werden müssen, aber anhand der sehr professionellen Art der Präsentation ist dies kein Graus, sondern eröffnet den Horizont der Endspieltheorie.

Meiner Meinung nach ist der Inhalt der DVD ein „Must-Know“ für Klubspieler bis Bundesligaspieler!

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