Schachtaktik 1 – Kombinieren lernen

Schachtaktik 1 - Kombinieren lernen

In unserer Rubrik DVD-Vorstellungen haben wir inzwischen schon einige Themen durchgearbeitet, von DVDs speziell für Kinder (Fritz & Fertig 1-4), über Eröffnungen für Amateure bis Profis (Katalanisch von GM Bologan), ja sogar Endspiele (Schwerfigurenendspiele von GM Müller) haben wir uns zur Brust genommen. Dieses Mal ist etwas ganz anderes an der Reihe. Der deutsche Internationale Meister Martin Breutigam präsentiert auf der DVD „Schachtaktik 1 – Kombinieren lernen“ wie man sich an das Kombinieren im Schach und den taktischen Motiven heranwagen soll. Wie bestimmt bekannt, stehen während einer Partie Taktik und Strategie gegenüber, meistens sind Fähigkeiten in beiden Arten dieser „Kriegsführung“ nötig, um seinen Gegner niederringen zu können. Allerdings liegt es aber nahe, dass der Taktik ein viel größeres Potential zu Grunde liegt als der Strategie. Es werden viel mehr Partien taktischen Ursprungs verloren oder gewonnen als durch reine strategische Ansätze. Die Taktik, so definiert es Breutigam, handelt von forcierten, erzwungenen und genau zu berechnenden Zugfolgen was im Gegensatz zur Strategie steht, wo es gilt langfristige Pläne zu finden und umzusetzen. Er betont, dass es wichtig ist für den Fortschritt des eigenen Schachs, dass man gewisse Muster und Stellungen einmal gesehen haben muss/soll, gegebenenfalls auch öfters. Dadurch kann man diese bei einer eigenen Partie direkt abrufen und man muss quasi das Rad nicht neu erfinden. So ist es einfacher in einer aktuellen Stellung das passende Motiv zu finden, wenn man mit vielen vertraut ist.

Aufbau

Auf dieser DVD werden innerhalb zirka 8 Stunden Videomaterial rund 300 Taktikstellungen gezeigt und bearbeitet! Größtenteils werden moderne Partien und Klassiker der internationalen Turnierpraxis gezeigt. Zu Beginn der DVD wird das Niveau von etwa einem fortgeschrittenen Anfänger vorausgesetzt, wie es beispielsweise nach dem Absolvieren der Fritz & Fertig-Reihe der Fall wäre. Gegen Ende hin steigert sich der Schwierigkeitsgrad allmählich, wo dann selbst ambitionierte Vereinsspieler ordentlich zu knobeln haben dürften. IM Breutigam präsentiert die  Abschnitte  sehr übersichtlich und folgt einer logisch aufbauenden Struktur, wodurch man immer den Überblick behält. Durch seine ruhige und klare Art der Präsentation ist die DVD für jede Altersklasse geeignet.

Inhalt

Breutigam teilt die DVD in fünf aufeinander aufbauende Abschnitte ein:

1) Doppelangriff, 2) Taktische Elemente, 3) Figurenharmonielehre, 4) Matt- bzw. Königsangriffe und 5) Simulierte Turnierbedingungen

Nun zu den behandelten Themen im Einzelnen:

1) Verschiedene Formen des Doppelangriffs:

Auf der DVD werden folgende Formen des Doppelangriffs bearbeitet: Gabel, Spieß, Fesselung, Abzug und Unterbrechung. Doppelangriffe sind in einer Partie recht häufig anzutreffen. Hierbei werden entweder zwei Figuren, eine Figur und der König oder eine Figur und ein sensibles Feld angegriffen. Unter Letzterem kann man sich ein Feld vorstellen, wo beispielsweise Matt droht.

Der Begriff Gabel dürfte jedem von uns ein Begriff sein. Der Spieß, im Vergleich dazu, beschreibt einen Angriff auf Figuren, die auf einer Diagonale oder Reihe stehen. Dieser Spieß ist bei uns in der Schachschule auch bekannt als Röntgenwirkung von gewissen Figuren.

Hier ein Beispiel zum Kapitel Fesselung: Wie kann Weiß am Zug eine Fesselung ausnutzen?

Hier handelt es sich sogar um eine besondere Form der Fesslung, die Kreuzfesselung. Der richtige Zug ist 1. De4! +- Wenn Schwarz den Läufer auf b5 nimmt, geht die Dame auf b7 verloren und die Dame auf e4 kann wegen der Fesselung durch den Läufer auf b5 nicht geschlagen werden. Gleichzeitig wird hierdurch auch der Läufer auf c6 ein zweites Mal angegriffen und entscheidendes Material wird gewonnen.

Beim Abzug braucht es immer zwei Angreifer, einer davon zieht weg und eröffnet den Angriff auf eine wichtige/wertvollere Figur. So ist zum Beispiel ein Abzugschach eine starke Waffe im Schach!

Die letzte Form des Doppelangriffs ist die Unterbrechung. Hier werden verhältnismäßig schon schwierigere Stellungen behandelt, als wie es in den vorangegangenen Kapiteln der Fall war. Wen oder was soll Weiß am Zug unterbrechen?

1. Dc5! …und zwar die Wirkung der schwarzen Dame auf den Springer auf a5 muss unterbrochen werden. Gleichzeitig wird der Turm auf d6 und der Springer auf a5 angegriffen. 1. … Dxc5 2. Lxc5 Td7 3. Se5 Tdd8 4. Lxb4 Sb3 5. Tc3 +-

2) Vorbereitende taktische Elemente:

Ab dem zweiten Abschnitt führt IM Breutigam Tests ein. Das heißt, dass in einem ersten Video das Thema anhand einiger Beispiele ausführlich erklärt wird, worauf im nächsten Klipp 10 Teststellungen folgen, die in einem weiteren Video aufgelöst und erklärt werden. Hier kann man natürlich jederzeit die Pause-Taste drücken und die aktuelle Stellung auf einem realen Schachbrett aufstellen. Dies bewährt sich öfters als gute Hilfe.

Hier werden die Themen Ablenkung, Hinlenkung, Blockade, Räumung, Zwischenzug und Zugzwang behandelt. Die ersten beiden Themen Ab- und Hinlenkung, dienen dazu, wie der Wortstamm schon sagt, dass eine Figur auf ein anderes Feld gelockt wird, was meist mit einem Opfer verbunden ist. Das geopferte Material wird dann mit Zinsen und Zinseszinsen zurückgeholt! Hier ist zu sagen, dass bei Kapitel Hinlenkung – Test sich zwei kleine Fehler eingeschlichen haben, und zwar ist bei Aufgabe 4 und 7 Schwarz am Zug, nicht Weiß.

Die Blockade dürfte eigentlich schon bekannt sein, spätestens wenn man das erste Mal ein ersticktes Matt mittels Springer gesehen hat, wird einem klar, dass die eigenen Steine auch im Weg stehen können. Auch hier hat sich leider ein Farbfehler eingeschlichen, Aufgabe 8 ist Schwarz am Zug.

Etwas schwieriger wird es nun wieder mit dem Kapitel Räumung. Es kommt hin und wieder vor, dass einem selbst beim Angriff die eigenen Steine im Weg sind, und weggeräumt werden müssen. Am besten soll das ohne Zeitverlust vonstatten gehen. Was muss Schwarz hier räumen?

Es ist offensichtlich, dass der Läufer auf e3 geräumt werden muss, aber wohin soll er ziehen? Am besten würde er auf g5 stehen, und darum 1. … f3! Der Bauer muss entfernt werden, dass die e-Linie für die Türme frei wird. Nach 2. gxf3 Lg5! 3. Txe6 Txe6 wird der Läufer g5 von der Dame gedeckt und nach 4. Dd7+ Te7 -+ ist es vorbei!

Beim Schach kann man ja keinen Zug aussetzen, man hat also die Zugpflicht! Wenn man nun in einer etwas bedrängten Lage ist und am liebsten keinen Zug machen würde, kommt einem der Zugzwang sehr lästig vor. Breutigam definiert es so, dass man eine Stellung halten könnte, wenn man nicht ziehen müsste.

Der Zwischenzug ist meist ein überraschender Zug, wie ein Schach mit dem man nicht gerechnet hat oder ein Angriff. Ein derartiger Zug kann Stellungen und ihre Beurteilung oft komplett verändern!

3) Figurenharmonielehre:

In diesem Abschnitt wird beschrieben wie gut und wann welche Figuren am besten zusammen harmonieren, also zusammen arbeiten! Die Themen sind Dame und Turm, Dame und Leichtfigur, Turm und Läufer, Turm und Springer, zwei Leichtfiguren und die siebte Reihe.

So ist zum Beispiel bekannt, dass Läufer und Dame sehr stark sind, aber in gewissen Stellungen Dame und Springer auf Grund ihrer unterschiedlichen Gangart viel besser zusammen harmonieren.

Ein Beispiel für die gute Harmonie zwischen Turm und Springer sieht man beim nächsten Bild: Weiß am Zug hält Remis, wie?

…und zwar handelt es sich hier um die sogenannte Remisschaukel: 1. Td7! b1/c1=D 2. Sh7+ Ke8 3. Sf6+ Kf8 4. Sh7+ Kg8 5. Sf6+ mit Dauerschach… Falls nun Kh8??, ist ja Th7#!

Schon Aaron Nimzowitsch hat in seinem Buch „Mein System“ die wesentlichen Aspekte der siebten Reihe zusammengefasst, so Breutigam. Warum ist das so wichtig, diese ominöse siebte Reihe zu besetzen? Hier gibt es meist etwas anzugreifen, der gegnerische König könnte abgeschnitten werden und beispielsweise der Turm kann nicht von Bauern angegriffen werden. Hier ein Beispiel dazu: Weiß am Zug gewinnt!

1. Sf6! Es droht Tg8#, daher Kd8 2. Kb7! +- Interessanterweise ist der schwarze König im Mattnetz gefangen und Schwarz kann nichts dagegen unternehmen. Weiters ist dies auch ein schönes Beispiel für die Harmonie zwischen Turm und Springer.

4) Matt- bzw. Königsangriffe:

Im letzten Abschnitt geht es um Königsangriff und Mattkombinationen, defekte Rochadestellungen, Grundreihenschwächen, König in der Mitte und beengte Königsstellungen. Hier sind wir schon mitten in der Turnierpraxis angelangt, Stellungen die tagtäglich vorkommen. Spätestens hier blüht das Herz eines leidenschaftlichen Kombinierers und Taktikers auf…

Generell gesagt, beim Angriff darf keine Zeit verschwendet werden, da die Initiative ein zeitlich begrenzter „Bonus“ ist, der durchgesetzt werden muss. Breutigam sagt sehr vereinfacht, Schwächen schaffen/erkennen, möglichst viele Angreifer heranführen und Matt setzen. Klingt einfach, ist aber so!

Defekte oder geschwächte Stellungen vom König sind so anzusehen, dass dies beispielweise nach Zügen wie g6 oder h6, bei einem schwarzen König, der Fall wäre. g6 kann als Vorbereitung für einen Läuferzug von f8 nach g7 und h6 als Angriff auf eine weiße Figur auf g5 gezogen worden sein. Nun, wie nutzt man diese „Defekte“ aus? Auf der DVD wird es eindrucksvoll demonstriert!

Stellungen ohne Defekte ziehen ein anderes Motiv heran, die schwache Grundreihe da dem König die „Luftlöcher“ zum Abhauen fehlen. Hier ein Beispiel für die Grundreihenschwäche: Schwarz zieht und gewinnt, wie?

1. … Txc3 2. Txc3 Db2!

a) 3. Dxb2 Td1#,

b) 3. Kf1 Dxc3 -+

c) 3. Tc2 Db1+ 4. Df1 Dxc2 -+

Ein weiteres Kapitel befasst sich mit dem König, der es nicht schafft, sich in einer sicheren Rochadestellung zu verschanzen. Auch diese Beispiele sind sehr schön, obwohl auch anspruchsvoll, da jeder Fehlzug die ganze Partie kostet. Für Initiative und Angriff wird nicht selten Material geopfert, da muss Präzision an oberster Stelle stehen, betont Breutigam.

Die beengte Königsstellung ist ähnlich anzusehen wie die vorher behandelte Blockade. Meist versperren dem König die eigenen Steine wichtige Fluchtfelder.

5) Simulierte Turnierbedingungen:

Last but not least, die simulierten Turnierbedingungen! Meiner Meinung nach ist das eines der wichtigsten Abschnitte der DVD. Es werden zwei Mal zehn Testaufgaben gestellt, wo weder das Motiv bekannt ist, noch, ob in dieser Stellung überhaupt taktisch was möglich ist. Für mich war das sehr interessant, da das einer Turnierpartie sehr nahe kommt. Bei diesem Abschnitt zeigt sich, ob die vorangegangenen Kapitel wirklich verstanden und verinnerlicht worden sind. Viel Spaß beim Knobeln und gutes Gelingen!

Fazit

Solche Übungen sind für das Erkennen der taktischen Muster in den eigenen Partien unverzichtbar. Diese DVD beginnt wirklich von einfachen Doppelangriffen und allmählich wird das Niveau gesteigert. Der Inhalt dieser DVD ist sehr gut geeignet für Schachspieler, die ihr Verständnis für die Taktik von Grund auf schulen oder verbessern möchten!

Es ist überaus wichtig für den Lernenden viele Motive, Stellungen und Pläne zu lernen bzw. gesehen zu haben. Damit erleichtert sich die Planfindung während einer Partie. Aber Vorsicht, es zählt nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Kombinierens. Man muss sich die Motive einprägen und gegebenenfalls wiederholen. Der größte Lernerfolg ist dadurch zu erzielen, indem man jede einzelne Aufgabe versucht selber zu lösen!

Die DVD ist didaktisch sehr gut gegliedert, die Analysen und Diskussionen sind nachvollziehbar und gut erklärt. Zusammenfassend, „Schachtaktik 1 – Kombinieren lernen“ von IM Breutigam kann aufstrebenden Schachtaktikern wärmstens empfohlen werden!

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